2. Kapitel
 

Die Römer an Rhein und Ruhr

Und nun beginnt eine neue Ära, einer der wichtigsten Punkte in unserer Geschichte, nämlich: Die Römer kommen an den Rhein und an die Ruhr, schreiben Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes und beeinflussen die Entwicklung unseres Gebietes und natürlich auch unseres Dorfes Mintard

Aus den niedergeschriebenen Dokumenten der Römer können wir heute detailliert die Geschichte ab 58 vor Christus bis 454 nach Christus, genaue 512 Jahre, nachlesen. Die Besetzung Galliens bis zum Rhein durch die Römer und die Besetzung Germaniens bis zur EIbe, ist wichtig festzuhalten, weil die Entwicklung unseres Gebietes maßgeblich von den Römern beeinflusst worden ist.

Zunächst waren die Römer, infolge des Gallischen Krieges, mit ihrem damaligen Statthalter von Gallien, Caesar, bis an den Rhein vorge­drungen und hatten sich dort, von der Linie des Limes im heutigen Baden-Württemberg, bis zur Mündung festgesetzt. Neben anfänglichen, gelegentlichen kriegerischen Übergriffen der germanischen Stämme von Ost nach West in das Gebiet des von den Römern unterworfenen Gallischen Gebietes und der Römer von West nach Ost in das Gebiet der Germanischen Stämme, blieb der Rheinstrom 46 Jahre lang die Grenze des Römischen Imperiums. An verschiedenen Punkten u. a. Nijmegen, Xanten, Neuss, Köln und Mainz, wurden Kastelle errichtet. Allerdings vermehrten sich die Übergriffe der Römer auf das Gebiet der Germanen und richteten immer größere Schäden an, wobei sie sich nach kurzer Zeit wieder auf die linke Rheinseite in die sicheren Kastelle zurückzogen. Auch im Gebiet zwischen Rhein und Ruhr, demnach auch in Mintard, waren die Römer und haben hier gemordet und gebrandschatzt. Unseren germanischen Vorfahren war die fremde Besatzungsmacht auf der linken Rheinseite eine ständige Provokation.

 Die Brandschatzungen und Verwüstungen, die Caesar nach seinen Brückenschlägen angerichtet hatte, konnten die hier lebenden germanischen Stämme, die Marser (unser Gebiet), Sugambrer (entlang der Emscher) und Brukterer (im Lippe-Gebiet), nicht vergessen.

Sie wollten sich nicht damit abfinden, den Rhein als Grenze anzuerkennen. Die Römer mussten sich der ständig zunehmenden Überfälle der Germanen erwehren.

Es blieb aber nicht nur bei kleineren Überfällen, sondern im Jahre 16 vor Christus unternahmen die Sugambrer mit den einst von Caesar so schmählich betrogenen Tencterern einen gut geplanten Beutefeldzug bis tief in das von den Römern besetzte Gallien. Die Germanen erbeuteten den römischen Adler, das Feldzeichen der V. Legion

 

Die Germanen erbeuteten den römischen Adler, das Feldzeichen der V. Legion


In Rom sorgte dieser unerhörte Vorgang zu beträchtlicher Aufregung. Hier hatte inzwischen Kaiser Augustus die Nachfolge des im Jahre 44 vor Christus ermordeten Julius Caesar angetreten. Kaiser Augustus erkannte sofort, dass die Rheingrenze viel zu lang war um sie auf Dauer zu verteidigen.

Dieser Fehler seines Vorgängers, Caesar, veranlasste nun Augustus, die Grenze ohne bedeutenden Gebietsverlust zu verändern. Da das Steueraufkommen in den Römischen Provinzen beträchtlich war, durfte die Provinz Gallien nicht aufgegeben werden. So entschloss sich Augustus, das Gebiet östlich des Rheins teilweise zu besetzen, um dadurch die Grenze zu verkürzen. Die neu erdachte Grenzlinie von der Elbe bis zur Donau war somit kürzer, als die Rheingrenze und damit auch besser zu sichern.
 

Um die große Bedeutung der nördlichen Grenzsicherung zu unterstreichen, begab sich Kaiser Augustus für drei Jahre an den Rhein


Sein Stiefsohn, Tiberius, unterstützte ihn bei den Vorbereitungen für den geplanten Einmarsch in das germanische Gebiet. Zunächst wurden Nachschublager und Aufmarschplätze in Xanten (Vetera) und in Mainz (Mogontiacum) errichtet. Garnisonen wurden nach Nijmwegen (Noviomagus), Neuß (Novaesium) und Bonn (Bonna) verlegt. Zusammen hat man ca. 50 neue Kastelle angelegt. In Köln wurde die römische Rheinflotte stationiert. Im Jahre 12 vor Christus begann dann der Vormarsch in Richtung Osten. Augustus und Tiberius waren inzwischen nach Rom zurückgekehrt. An ihrer Stelle übernahm der jüngste Bruder des Tiberius, Drusus, den Oberbefehl. In mehreren Kriegszügen ging es von der Rheinmündung in Schiffen entlang der West- und Ostfriesischen Küste bis zu den Mündungen von Ems, Weser und EIbe und dann die Flüsse hinauf. Drusus führte seine Soldaten von Xanten aus der Lippe hinauf und weiter zur Elbe und Saale. Im Süden zogen die Truppen den Main hinauf und dann bis zur oberen Elbe. Drusus, der während des zweiten Feldzuges im Jahre 11 vor Christus die Elbe erreichte, fiel bei der Rückkehr in der Nähe von Soest vom Pferd und starb. Tiberius führte sodann die begonnene Besatzung fort.
 

Die Römer, die bei ihrem Vormarsch gegen Osten, durch das Tal der Rora (Ruhrtal) und durch Mayentraede (Mintard) marschierten, benutzten auch den damals bereits als Handelsstrasse bekannten Hellweg


Da die Römer nur im Sommerhalbjahr kämpften und sich im Winter in die sicheren Kastelle und Lager am Rhein zurückzogen, mussten sich jedes Mal im Frühjahr neu formieren und den langen Marsch bis zu den eroberten Gebieten zurücklegen. Erstmalig wagte Tiberius vom 4. auf das 5. Jahr vor Christus seine Truppen tief in Feindesland überwintern zu lassen.

Nach den Eroberungen, auch "Befriedungen" genannt, wurden mit den Stämmen, die sich militärisch unterworfen hatten, so genannte "Freundschafts- und Bündnisverträge" abgeschlossen und gliederten sie so in das "Imperium Romanum" ein.

Da die germanischen Stämme vielfach zerstritten waren, hatten die Römer leichtes Spiel. Für die in unserer Gegend um die heutigen Städte Duisburg, Mülheim, Essen und Bochum lebenden germanischen Stämme, die Marser, wie für alle anderen Germanen, bedeutete die römische Besatzung nicht nur Unterjochung.

Die Römer brachten auch hohen Lebensstandard, ihre Kultur und ihre Kunst mit über den Rhein. Die Römer bauten Straßen und Häuser nach ausgezeichneten Plänen und führten das römische Zahlungssystem mit Münzen ein.

Der zunehmende Handel, der steigende Wohlstand und die einzelnen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Römern und Germanen führten dazu, dass man in Eintracht und in Frieden miteinander hätte leben können, wenn nicht die Steuern gewesen wären. Schon damals ging es, wie heute, um das liebe Geld.

 

Wir schreiben nun das Jahr 1 vor Christus

"Gegrüßet seist du, Gnadenvolle, der Herr ist mit dir".   "Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir  geschehe nach deinem Wort"
 

In dieser Zeit, im Jahre 0 unserer Zeitrechnung, geschieht in Bethlehem etwas, das die gesamte Weltordnung radikal und entscheidend verändern sollte:


Die Geburt unseres Erlösers, des Gottessohnes Jesus Christus.

Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen des Wohlgefallens


Im Jahre 1 nach Christi Geburt kehren wir nun wieder zu den Römern an Rhein und Ruhr zurück.Die Römer beanspruchten ihr Recht, die eroberten Provinzen auszubeuten und mit immer neu erfundenen Steuern die Bevölkerung der Germanen verarmen zu lassen.
 

Die Römer erhoben willkürlich alle möglichen Steuern und verärgerten damit unsere Vorfahren


So gab es die, von den Germanen bisher nicht gekannte, Grundsteuer, Gewerbesteuer, Vermögenssteuer, Kopfsteuer und Monopolsteuer. Wenn den römischen Steuerbeamten, die in Trier ihr Finanzamt hatten, nichts mehr einfiel, dann erhoben sie willkürliche Sondersteuer. Was nun auf der einen Seite den Germanen an Wohlstand brachte, wurde auf der anderen Seite an erheblichen Steuerbelastungen wieder weggenommen. Wenn nun ein Steuerpflichtiger nicht mehr mit Geld zahlen konnte, musste er auf sein Vieh, Kühe, Schafe und Schweine zurückgreifen.

Unsere hier ansässigen Vorfahren, die in fest gefügten und starken Sippenverbänden lebten, eine selbst geschaffene Rechtsordnung hatten, tüchtige Handwerker und Bauern waren, wunderschöne Kunstgegenstände aus Gold, Silber und Bronze herstellen konnten und tiefe religiöse Vorstellungen entwickelt hatten, waren keineswegs „Barbaren“, wie die Römer es sich vorstellten. Die Germanen waren ein ganz normaler Völkerverband, der in geordneten Verhältnissen mit fest gefügten religiösen und rechtlichen Vorstellungen lebte. Sie hatten sich unter der römischen Besatzungsmacht nur zähneknirschend ruhig verhalten, wodurch langsam ein Zustand vom friedlichen Miteinander entstand.

 

Varus sollte die Gebiete Germaniens zu einer römischen Provinz machen.


Das gute Miteinander änderte sich schlagartig, als im Jahre 7 nach Christus der Nachfolger von Tiberius in unserem Gebiet erschien: Publius Quintilius Varus.

Varus, 50 Jahre alt, war ein Verwandter des Kaiserhauses und hatte sich bislang zu einer hohen Position als Verwaltungsbeamter emporgearbeitet, war zur Zufriedenheit Roms in Afrika, Syrien und Palästina tätig gewesen und hatte sich in den Ländern bereichert, was für römische Beamte normal war.

Mit der Berufung von Varus durch Kaiser Augustus nach Germanien, sollte er die eroberten Gebiete Germaniens zu einer echten römischen Provinz machen und die römische Verwaltung noch fester integrieren. Die unruhigen Germanen sollten noch mehr römisch werden.

 

Varus wollte das römische Rechtssystem einführen und verankern sowie das althergebrachte Rechtssystem  der Germanen abschaffen.


Nachdem er nun mit harter Hand neue Märkte und Unternehmen errichtete, dabei aber unbedingt gerecht vorging, die Wirtschaft ankurbelte, das Bezahlen mit römischem Geld und das Wiegen mit römischen Gewichten einführte, machte er einen ganz entscheidenden Fehler: Varus wollte das römische Rechtssystem einführen und verankern sowie das althergebrachte Rechtssystem  der Germanen abschaffen.

Die Germanen mussten vor römischen Beamten erscheinen und die Gerichtsverhandlungen in einer für sie unbekannte Form verfolgen. Hinzu kam, dass sie nichts verstanden, weil die Verhandlungen in lateinischer Sprache durchgeführt wurden. Die Strafen, die die Römer über sie fällten, waren ihnen zuwider. Prügelstrafe mit Gefängnisseinsperrungen kannten sie in dieser Form nicht. Freie Männer mussten sich niederknien, wurden gefesselt und blutig geschlagen. Die unter Varus vollzogenen Todesurteile schufen immer mehr Feinde unter den Germanen.
 

Arminius, Fürst der Cherusker, führte die Germanen zum Aufstand gegen die Römer an


Die Widerstandsbewegung wurde zuerst bei der germanischen Führungselite mit ihrem Führer  Arminius, Fürst der Cherusker, ein Stamm der im Teutoburger Wald angesiedelt war, gebildet. Da Arminius eine zeitlang bei den römischen Truppen Dienst getan und den Rang eines Ritters erreicht hatte, war er mit den Zielen und Vorstellungen der römischen Truppen bestens vertraut. Er führte die Germanen zum Aufstand gegen die Römer an, um sich der Umklammerung und der immer rigoroseren Eingriffe Roms zu erwehren.

Dem erst 20-jährigen Arminius gelang es, die germanischen Stämme zu einen und den Aufstand im Geheimen vorzubereiten. Arminius konnte die germanischen Stämme wie die Bructerer von der mittleren Ems und der oberen Lippe, die Marser aus unserem Gebiet und die Chatten von Fulda und Eder für seine Sache gewinnen. Hinzu kam, dass Arminius mit Varus eng befreundet war und so die Widerstandsbewegung gegen die Römer sehr gut vorbereiten konnte.

 

Im Herbst des Jahres 9 nach Chr., schlugen die  Germanen  unter Arminius die Römer vernichtend im Teutoburger Wald


Arminius
hatte in der römischen Truppe gekämpft, kleidete sich römisch und sprach dazu auch noch Latein. Er verstand es ausgezeichnet Varus zu täuschen, so dass dieser überhaupt keinen Verdacht schöpfen konnte. Selbst die ihm hinterbrachten Verdächtigungen, dass Arminius ein Verräter sei und gegen ihn opponiere, tat er mit „üblen Nachreden“ und mit den Worten der „Intrige“ ab. Und das war sein zweiter entscheidender Fehler.

Im Herbst des Jahres 9 nach Christus verzeichnen wir in Europa die bedeutendste Schlacht der Römer und Germanen im Teutoburger Wald. Diese Schlacht veränderte in entscheidendem Maße die Geschichtsschreibung östlich des Rheins aber auch in ganz in Europa und somit auch für unser Dorf Mintard.

Im Herbst des Jahres 9 befahl Varus den Rückmarsch von drei Legionen mit den gesamten zusätzlichen Reitereinheiten, sechs Kohorten mit Hilfstruppen einschließlich der Frauen, Kinder und Hilfspersonal. Insgesamt waren es 25.000 Menschen.

Sie brachen ihre Zelte ab, um den Winter über in den bequemen Kastellen am linken Rheinufer zu verbringen. So zogen die XVII., die XVIII. und die XIX. Legion, in einem riesigen Tross nach Westen.

Unter den zurückziehenden Menschen war eine gute Stimmung, denn das Land östlich des Rheins war befriedet und Kämpfe mit den Germanen waren auch nicht zu erwarten. Erst im nächsten Frühjahr würden sie wieder in Richtung Osten marschieren, nicht um zu kämpfen, sondern um den Germanen die immer vorhandene römische Macht zu demonstrieren.

Der Schwiegervater von Arminius, Segestes, warnte Varus vor dem Abmarsch, Arminius habe eine große Streitmacht von kampferprobten Männern aus mehreren Sippen zusammengestellt und plane einen Überfall. Bis in alle Einzelheiten unterrichtete er Varus hiervon. Varus hörte nicht auf Segestes, weil er wusste, dass er mit Arminius verfeindet war, seitdem Arminius seine Tochter geraubt hatte, die bereits einem anderen Mann versprochen war. So dachte Varus, dass das eine Intrige sei, wollte von den „Hirngespinsten“ eines alten Mannes nichts mehr wissen und gab das Zeichen zum Aufbruch.

Varus führte den 20 Kilometer langen Zug an und wurde von Arminius begleitet. Dieser verabschiedete sich jedoch bald, um angeblich Hilfstruppen herbeizuführen. Bei dem Tross blieben nur einige wenige ortskundige Germanen, ohne die die Römer nichts ausrichten konnten. Breite Pfade oder Straßen gab es nicht und so mussten sich die Menschenmassen einen Weg durch das unbekannte Gelände suchen. Undurchdringliche Wälder umging man, wie auch Flüsse und große Bäche. Bei ihrem Marsch in Richtung Westen hatten es die Legionäre besonders schwer, weil sie Unmengen an Gerätschaften und persönlichen Gegenständen mitschleppen mussten. Am zweiten Tag kommt der Tross in waldiges und von tiefen Schluchten durchzogenes Gelände. Starker Regen verwandelt das Gelände in tiefem Morast. Der Tross stockt und gerät in Unordnung, weil jeder auf eigene Faust versucht vorwärts zu kommen. Die Wagen bleiben in tiefem Morast stecken, Pferde reißen aus oder versinken im Schlamm. In dieser Situation erschallt Kriegsgeschrei.

 

Arminius überfällt die völlig überraschten Römer im Teutoburger Wald.


Arminius
, der bereits seit längerer Zeit den Tross des Varus heimlich verfolgt hat, nutzt die Gunst der Stunde und greift an. Die völlig überraschten Römer werden von den Germanen von allen Seiten angegriffen. Die leicht bewaffneten Germanen, die außerdem das Gelände besser kennen, sind den Römern in ihren schweren Rüstungen völlig überlegen.

Bevor die römischen Offiziere ihre Befehle zur geordneten Verteidigung geben können, ziehen sich die Germanen wieder im dichten Wald zurück. Varus hat den Ernst der Situation überhaupt nicht begriffen und ordnet an, noch vor der Dunkelheit ein Lager zu errichten und alles Entbehrliche und die schweren Wagen zu verbrennen.

Am nächsten Morgen zieht der Tross weiter, nun aber in einer besseren Marschordnung, um auf Überfälle vorbereitet zu sein. Wiederum gerät der Tross in waldiges Gelände, wiederum beginnt es in Strömen zu regnen und wiederum greift Arminius an.

Und wieder sind die Römer hoffnungslos unterlegen. Am Abend ist das Gelände mit Tausenden von Leichen bedeckt, aber nur wenige Germanen. Varus ordnet an, wieder ein befestigtes Lager zu errichten. Als am nächsten Tag, dem dritten Tag, die Römer endlich offenes Gelände erreichen, steht ihnen die gesamte versammelte Streitmacht der Cherusker, Marser, Bructerer und Chatten gegenüber. Das Kampfgemetzel der letzten Schlacht ist fürchterlich und Arminius spielt die zahlenmäßige Überlegenheit der Germanen aus.

Die siegestrunkenen Germanen machen jeden Römer nieder, der sich ihnen gegenüberstellt. Als Varus und seine Offiziere sehen, dass die Niederlage nicht mehr abzuwenden ist, stürzen sie sich in ihre eigenen Schwerter, um so die Ehrlosigkeit der Gefangennahme oder den Tod durch die Germanen zu entgehen. Von den 25.000 gelingt nur wenigen die Flucht.

Von den Germanen wurden drei römische Legionen und ihre Hilfstruppen vernichtet. Mit Windeseile verbreitet sich die Nachricht von dem Unglück unter den anderen römischen Truppen. Hals über Kopf verlassen sie ihre Kastelle und ziehen sich, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet, über den Rhein zurück in die sicheren Lager.

Die Nachricht von der Niederlage der römischen Truppen schlug in Rom wie eine Bombe ein. Der regierende Kaiser Augustus soll bei der Nachricht vor Wut und Verzweiflung mit dem Kopf gegen eine Türe gerannt sein und einen der denkwürdigen Aussprüche der Weltgeschichte getan haben:

 

Quintilli Vare, legiones redde!“ (Quintilius Varus, gib mir meine Legionen wieder!)


Die 25-jährigen Bemühungen Augustus, die Rheingrenze vorzuschieben, waren nun endgültig gescheitert. Zwar unternahmen die Römer ab dem Jahre 14 nach Christus, in dem Tiberius, nach dem Tode von Augustus, zum Kaiser ausgerufen worden war, noch ab und zu Versuche, die verlorene Provinz Germanien zurückzuerobern, aber auch diese Unternehmungen waren alle gescheitert. Im Jahre 15 nach Christus führte Germanicus, der Sohn des Drusus, die Operationen und ließ seine Truppen, die seit sechs Jahren noch immer auf dem Schlachtfeld liegenden und von den Germanen geplünderten Leichen der römischen Soldaten, endlich würdevoll bestatten.

Während Germanicus noch wusste, wo die Varusschlacht stattgefunden hatte, ist in über 2000 Jahren das Wissen verloren gegangen. In über 700 Theorien wurden Fragen gestellt, aber keine erwies sich als haltbar. Die Archäologen haben erst in jüngster Zeit das Gebiet Bramsche-Kalkriese bei Osnabrück als das Gebiet der Varusschlacht bezeichnet.

In den Jahren 15, 16 und 17 nach Christus, führte Germanicus einen ergebnislosen Kleinkrieg gegen die germanischen Stämme, die immer wieder sehr blutig verliefen.

 

Unsere Vorfahren hatten das Joch der Eroberer abgestreift


Obwohl die Römer immer wieder „siegten“, weil sie der römischen Öffentlichkeit diese als Siege „verkauft“ hatten, erkannte Kaiser Tiberius aber sehr schnell, dass diese „Siege“ des Germanicus in Wahrheit keine waren, denn die militärischen Erfolge waren völlig bedeutungslos. Kaiser Tiberius befahl deshalb im Winter von 16 auf 17 nach Christus den endgültigen Rückzug aus den rechtsrheinischen Gebieten. So waren auch unsere Vorfahren hier an der Ruhr die Römer endgültig los.

Der Rhein war wieder die Grenze des römischen Imperiums und blieb es 400 Jahre lang! Unsere Vorfahren hatten das Joch der Eroberer abgestreift. Wir können heute sagen, dass die Geschichte unseres Landes anders verlaufen wäre, wenn Arminius nicht die germanischen Stämme geeinigt und die Schlacht im Teutoburger Wald gegen Varus strategisch nicht so genial geführt hätte. Arminius, der bei einer Schlacht an der Porta Westfalica im Jahre 16 nach Christus gegen Germanicus verletzt wurde, starb sechs Jahre später in Ravenna bei einem heftigen Sippen- und Familienstreit und wurde einfach erschlagen.

 

Somit verboten die Römer einfach das Christentum und untersagten jede Ausübung ihrer Religion 


In Rom herrschte seit dem Jahre 284 Kaiser Dioclecian, der im Jahre 286 nach Christus Maximinian zum Mitregenten berufen hatte. Beide wollten das dahinsiechende römische Reich neu organisieren und alle Provinzen wieder stärker in die römische Zentralgewalt einbinden.

Das sich immer stärker ausbreitende Christentum störte und gefährdete ihre Pläne erheblich. Somit verboten die Römer einfach das Christentum und untersagten jede Ausübung ihrer Religion. Kirchen wurden zerstört und ihre Bücher verbrannt. Die Gläubigen wurden gezwungen den Glauben an Jesus Christus abzuschwören und stattdessen den Kaiser als oberster Gott anzuerkennen. Wer diese Anordnung nicht befolgte, wurde einfach ermordet.

 

Die berüchtigten diocletianischen Christenverfolgungen töteten unzählige unschuldige Menschen


In unserem Gebiet, in der römischen Garnison Xanten, waren 330 Soldaten aus dem oberägyptischen Thebais (Theben) stationiert worden, um eine Strafexpedition gegen Christen durchzuführen. dadurch, dass ihre Vorfahren in Theben bereits Christen waren und sie somit nach den Grundsätzen des christlichen Menschenbildes erzogen worden waren, weigerten sie sich andere Menschen wegen ihrer religiösen Überzeugung zu töten. das galt ganz besonders für ihre eigenen Glaubensbrüder. Nachdem sich nun die 330 Soldaten geweigert hatten, vor der Bildbüste des Kaisers Dioclecian niederzuknien und auf ihn als Gott zu schwören, wurden sie alle nacheinander mit dem Schwert enthauptet.
 

Der Name der Stadt Xanten und des über 700 Jahre alten Victordomes erinnert  noch heute an den Märtyrertod Victors und seiner Kameraden und bildet den Mittelpunkt der Stadt.  Aus „ad sanctos“ (lat.: zu den Heiligen) über „ze Santen“ wurde schließlich „Xanten“.


Einer der Soldaten mit dem Namen Victor wollte sie alle noch retten, in dem er vor die Truppe trat und in bewegenden Worten versuchte das Unheil abzuwenden. Aber seine Bemühungen waren vergeblich.

Der Name der Stadt Xanten und des über 700 Jahre alten Victordomes erinnert noch heute an den Märtyrertod Victors und seiner Kameraden und bildet den Mittelpunkt der Stadt. Aus „ad sanctos“ (lat.: zu den Heiligen) über „ze Santen“ wurde schließlich „Xanten“.

Durch die Rheingrenze war der Handelsverkehr zwischen den Römern und unseren Vorfahren, den Germanen, zwar nicht ganz abgeschnitten, der Warenaustausch dürfte sich jedoch in nur geringem Umfang abgespielt haben. Eine Reihe von Funden römischer Münzen in unserer Gegend deutet darauf hin, dass die Waren auch mit Geld bezahlt wurden.

 

Vor allem waren blonde Männer und Frauen aus dem Norden besonders begehrt und wurden auf dem römischen Sklavenmarkt „versilbert“


Eine andere Art von Warenaustausch beidseitig der Rheingrenze fand während der ständigen Überfälle und Raubzüge unserer Vorfahren in das linksrheinische Gebiet der Römer und, im Gegensatz dazu, der Römer in unser Gebiet statt. Während unsere Vorfahren, die Germanen, römische Soldaten gefangen nahmen und auf ihren Feldern zu schwerer Arbeit einsetzten, waren die Römer bei ihren Strafexpeditionen darauf aus, möglichst viele Gefangene zu machen, um sie auf den römischen Sklavenmärkten zu Höchstpreisen zu verkaufen. Vor allem waren blonde Männer und Frauen aus dem Norden besonders begehrt und wurden auf dem römischen Sklavenmarkt „versilbert“. Wenn unsere Vorfahren untereinander wieder einmal zerstritten waren, was zwar nicht oft, jedoch hin und wieder einmal vorkam, und dann Krieg gegeneinander führten, scheuten die jeweiligen „Sieger“ nicht, die Gefangenen zur nächsten römischen Handelsniederlassung zu verfrachten, wo die armen Menschen dann im wahrsten Sinne des Wortes „versilbert“ wurden. Die römischen Silbermünzen waren ein begehrtes Zahlungsmittel zur damaligen Zeit.

Das Verhalten unserer Vorfahren war durchaus mit ihren damaligen religiösen Vorstellungen vereinbar, denn das Christentum kannten sie ja noch nicht. Unsere Vorfahren blieben nach dem Ende der römischen Besatzungszeit das was sie immer waren, Handwerker und Bauern und blieben auch ihrer überkommenen Götterwelt treu. Für sie stand Merkur im Kultus an erster Stelle. Ihm zu Ehren an bestimmten Tagen Menschen zu opfern, war ihr gutes Recht. Merkur, damit ist Wodan (oder Odin) gemeint, der Gott des Windes, des Sturmes, Herr über die Seelen und des Jenseits.

Einen hohen Rang hat auch Donar (oder Thor), der hammer-schwingende und blitzeschleudernde Fruchtbarkeitsgott, der Regen brachte oder Frost vertrieb. An Donar, den großen Donnerer, erinnert z. B. noch unser Wochentag, der heutige Donnerstag.

 

Der Anfang vom Ende des römischen Weltreiches,  das sich langsam auflöste, begann mit den  Franken um 259 nach Christus


In der Mitte des 3. Jahrhunderts häuften sich an der westlichen Rheingrenze die Übergriffe unserer Vorfahren und wurden zu gut organisierten Kriegszügen.

Durch die ständigen Übergriffe unserer Vorfahren mussten die Römer ihre Kastelle verstärken und weiter ausbauen. Die römische Macht ging aber an Rhein und Donau ständig zurück. Die alamanischen Germanen im Bereich zwischen Donau und Mittelrhein durchbrachen den Limes, das römische Befestigungswerk und setzten sich südlich hiervon, im heutigen Gebiet zwischen dem Oberrhein und Bodensee, fest. Der Anfang vom Ende des römischen Weltreiches, das sich langsam auflöste,  begann mit den  Franken um 259 nach Christus

Die Geschichtsschreibung sagt, dass bis heute nicht eindeutig geklärt ist, woher die Franken eigentlich kamen. Historiker sind sich da nicht einig und so müssen wir die folgende Theorie in das Kapitel „Legende“ einstufen: Die germanischen Stämme schlossen sich immer mehr zusammen und nannten sich, im Gegensatz zu den von den Römern besetzten gallischen Franken, „freie Franken“ (frank und frei). Welche germanischen Stämme zu diesen Franken gehörten, ist aus mangelnder historischer Überlieferung heute nicht feststellbar.

Es bildete sich zwischen Lippe und Wupper, also in unserem Gebiet, der starke fränkische Stammesverband. Es war das zentrale Gebiet der hier wohnenden Chattuarier, die im Ruhrtal vom heutigen Duisburg bis zur oberen Ruhr, so auch in Mintard, in besonders bevölkerungsstarken Sippenverbänden lebten. Zu den Franken gehörten auch die Bructerer, im Lippegebiet, die Chamaver, am rechten Niederrhein und die Asivarier, zwischen Vechte und Ems. Das Vereinigen der germanischen Stämme zu fest gefügten Strukturen mit klaren Grenzlinien und Machtpositionen unter der Bezeichnung Franken, war aber noch nicht durchführbar, weil zu viele einzelne Stämme ihre „eigene Suppe“ kochten und das Eigeninteresse größer war, als das gemeinsame Interesse.
 

Nicht alle Franken kamen von ihren Raubzügen in gallische Gebiete in ihre Siedlungsgebiete an Ruhr, Lippe und Ems zurück


Ab dem 3. Jahrhundert wurden die Franken von so genannten Königen geführt, wobei es manchmal mehrere zur gleichen Zeit gab. Ihr Einfluss auf die Gesamtheit aber war sehr gering und nicht entscheidend. Wenn es aber um Raubzüge über den Rhein in gallisches/römisches Gebiet ging, dann waren sich die fränkischen Stämme einig, gab es doch reiche Beute zu verteilen. Seit dem Jahre 259 nach Christus mehrten sich Raubzüge über den Rhein, nicht zuletzt auch wegen des zunehmenden Druckes aus dem Nordosten Germaniens.

Von hier drangen die Sachsen, deren Herkunft ebenso unklar ist, wie die der Franken, in immer stärkeren Verbänden und vertrieben die Franken oder sie vermischten sich mit den Sachsen. Nicht alle Franken kamen von ihren Raubzügen in gallische Gebiete in ihre Siedlungsgebiete an Ruhr, Lippe und Ems zurück. Sie genossen die Annehmlichkeiten der römischen Kultur oder ließen sich von den Römern anwerben und integrieren. Viele zogen weiter bis tief in gallische Gebiete hinein.
 

 Unter Kaiser Konstantins Vision: " Unter diesem Zeichen wirst du siegen“, begann nun der unaufhörliche Siegeszug des Christentums


Die Überfälle und Raubzüge der Franken am Niederrhein und der Alamannen am Oberrhein verursachten bei den Römern beträchtliche Unruhe, zumal im Jahre 276/77 nach Christus die Stadt Trier von den Franken schwer zerstört wurde. Danach griffen die Römer zu Gegenmaßnahmen und verstärkten die Befestigungsanlagen ihrer Städte. Hierzu kam der zwischenzeitlich in Rom zum Kaiser ausgerufene Constantin nach Trier und residierte in der Stadt für kurze Zeit. Nachdem es Kaiser Constantin gelungen war, die Franken in drei Feldzügen zu besiegen und damit die Grenzlinie zu festigen, kam es etwa 50 Jahre später zu erneuten Überfällen der Franken. Siege und Niederlagen bei den Römern und Germanen folgten nacheinander. DaKaiser Constantin (306 bis 337) am Vorabend der siegreichen Schlacht im Jahre 312 nach Christus gegen Mauxentius an der Milvischen Brücke (heute Ponte Molle) über den Tiber in Rom eine Kreuzesvison hatte: " Unter diesem Zeichen wirst du siegen“,  begann nun der unaufhörliche Siegeszug des Christentums 

Der Kaiser versah die  Schilde seiner Soldaten mit dem Kreuzzeichen  und  führte  die Kreuzesfahne mit dem Monogramm Christi ein. Kaiser Konstantin war nun der erste christliche Kaiser des römischen Imperiums. Nun endlich konnte sich auch im römischen Reich das Christentum ausbreiten.
 

Von 58 vor Christus bis 454 nach Christus dauerte die  lange römische Herrschaft, genau 512 Jahre!


Im Jahre 402 nach Christus zogen die Römer ihre Truppen endgültig von Rhein und Donau ab, weil sie ihre Soldaten zur Verteidigung in Italien gegen die Westgoten benötigten. Nur wenige Kastelle blieben am Rhein bestehen. Es dauerte aber noch 50 Jahre bis die Franken in breiter Front über den Rhein setzten und im Jahre 454 nach Christus die letzte römische Festung, nämlich Köln, fiel. Von 58 vor Christus bis 454 nach Christus dauerte die  lange römische Herrschaft, genau 512 Jahre!

Ich könnte mir vorstellen, dass danach auch das Christentum in Mintard Einzug hielt und die ersten Missionare hier ihre Tätigkeit aufnahmen. Wie im 2. Kapitel bereits beschrieben, wurde  im Jahre 496 durch die Tante des fränkischen Königs Chlodewig die Christianisierung eingeführt und am Ende des 6. Jahrhunderts haben iro-schottische Mönche den Anstoß zur Erneuerung, Ausbreitung und Festigung des Christentums unter dem Missionar Suitbertus gegeben. 

Ende des 2. Kapitels.

Übersicht

2009 © WiR in Mintard - Aktualisiert am 13.07.2015

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